Frühjahrsputz in der IT: Applikationslandschaften aufräumen

Wir haben es vor kurzem schon gemeldet: Auf Platz 1 der aus Sicht der CIOs wichtigsten Themen dieses Jahres landete in der Capgemini-IT-Trends-Studie 2016 das Thema Applikations-Portfolio-Rationalisierung. Ein sperriger Begriff, der eigentlich nichts anderes bezeichnet als einen gründlichen Frühjahrsputz in der IT. Doch warum ist der so wichtig?

Gewachsene Systeme

Jedes große Unternehmen hat einmal klein angefangen. Und hatte zu Beginn auch nur die IT-Systeme, die es für die geringere Größe und das meist auch schmalere Portfolio brauchte. Im Laufe der Unternehmensentwicklung und vor allem auch im Zuge der Digitalisierung sind mit den Jahren immer neue Systeme hinzugekommen. Manche als Stand-Alone-Lösungen, manche mit Schnittstellen zu anderen Systemen, manche mit Anbindungen an externe Anbieter. Diese sukkzessive gewachsenen Systeme sind häufig eine Art Flickenteppich, in dem sich einzelne Teile auch schon mal überschneiden. Oder mit dem eigentlich dazugehörigen Partnersystem nur über komplizierte Umwege verknüpft sind. Und je größer das Unternehmen, desto häufiger finden sich darunter auch Applikationen, die eigentlich niemand mehr braucht. Weil sich das Geschäftsmodell oder die Datenstruktur geändert hat, oder weil der Prozess inzwischen von einer anderen Anwendung mit abgedeckt wird.

Doch nicht nur in den Applikationsstrukturen, auch in den Daten ist viel Bewegung. Die heute von einem Großunternehmen verarbeiteten Datenmengen sind um ein Vielfaches höher als noch vor wenigen Jahren. Das erfordert einen gänzlich neuen Umgang mit Themen wie Datenverarbeitung, Datensicherung, Datenschutz und auch Datenbereinigung.

Wer lange nicht mehr umgezogen ist, kennt das: Ab und zu ist Großreinemachen und Ausmisten unabdingbar. Das gilt auch für Daten – und die dazugehörigen Landschaften.

Einsparpotenziale

Ein Frühjahrsputz klingt erstmal nach einer Menge Aufwand. Deshalb ist die Frage erlaubt, was ein Unternehmen davon hat, wenn es diese Arbeit auf sich nimmt.

Fangen wir mit dem Offensichtlichen an: Das Betreiben von Applikationen kostet Zeit und Geld. Weniger Applikationen bedeuten zum Beispiel weniger Wartungsaufwand. Und auch weniger Fehler. Machen wir uns nichts vor: Keine Anwendung ist fehlerfrei – und werden darin Bugs gefunden, sollten sie auch bereinigt werden. Ganz besonders, wenn darin sensible Daten verarbeitet werden.

Was den Wartungs- und Aktualisierungsaufwand häufig besonders in die Höhe treibt, sind Schnittstellen zu anderen Systemen. Wird nämlich in einem System ein Update durchgeführt, können davon auch alle damit verknüpften Systeme betroffen sein. Jede Veränderung im System hat also ausführliches Testing und im Zweifel weitere Anpassungen anderer Applikationen zur Folge – je komplexer das System, desto höher der Aufwand. Und umgekehrt: Je weniger Applikationen, desto schneller lässt sich das System warten und aktualisieren.

Know-how konsolidieren

Weniger offensichtlich, aber ebenso entscheidend: Gewachsene, ältere Systeme setzen häufig auch ältere Technologien ein. Nicht selten ist es der Fall, dass das Know-how für diese Technologien immer weiter aus dem Unternehmen verschwindet. Spätestens wenn nur noch ein einziger Mitarbeiter da ist, der sich mit dem alten Hündchen wirklich auskennt, sollte etwas passieren.

Ironischerweise ist genau dieses fehlende Know-how häufig der Grund, warum die betroffenen Applikationen lieber in Ruhe gelassen werden. Das kann sich aber schnell rächen, deshalb: Besser handeln, bevor es zu spät ist und entsprechendes Know-how womöglich teuer von extern eingekauft werden muss.

Schlank und flexibel

In einem aufgeräumten Büro findet man die wichtigen Unterlagen schneller, stimmt’s? Das gilt auch für aufgeräumte Systeme. Wo weniger Anwendungen ineinander greifen und weniger Umwege gemacht werden müssen, werden Systemlandschaften schneller und agiler. Auch das spart Zeit – und Geld.

Erste Schritte

Die elementare Voraussetzung für den Frühjahrsputz: Wissen, was überhaupt da ist. Eine gründliche Bestandsaufnahme, die Technologien, Schnittstellen und betroffene Daten ebenso erfasst wie Sinn und Zweck der Applikation sowie konkrete Use Cases, ist deshalb der erste und wichtigste Schritt.

Auf Basis des Ist-Zustandes kann dann ein Soll-Zustand entwickelt werden, der genau erarbeitet, an welchen Stellen veraltete Datentöpfe abgeschafft, mehrere Applikationen in einer größeren zusammengefasst, Abkürzungen eingebaut, ungenutzte Anwendungen stillgelegt oder auch Standardanwendungen ausgelagert werden können.

Mitarbeiter mitnehmen

Wichtig dabei: Nicht nur die Technik, sondern auch die Menschen, die damit arbeiten, sollten mitgenommen werden. Angst vor Veränderung ist einer der stärksten Hemmschuhe für die Modernisierung von Systemen. Wenn die betroffenen Mitarbeiter frühzeitig informiert und vor allem involviert werden, lässt sich dieser Hemmschuh aber schnell über Bord werfen.

Auslagern?

Aufhänger und Motivation für das Aufsetzen eines Rationalisierungsprozesses ist inzwischen übrigens immer häufiger die strategische Überlegung, ob Prozesse oder Daten in die Cloud ausgelagert werden sollen. Eine solche Entscheidung setzt eine gründliche Bestandsaufnahme der eigenen Prozesse und Schnittstellen voraus – womit der erste Schritt zum Frühjahrsputz ja bereits getan wäre.



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