ERP: Alte Zöpfe abschneiden? Oder auf Bewährtes setzen?

Cloud- und SaaS-Lösungen sind auf dem Vormarsch – in den unterschiedlichsten Bereichen. Auch bei ERP-Systemen gibt es inzwischen zahlreiche Möglichkeiten, Daten und Applikationen nicht mehr lokal abzubilden, sondern auf extern gehostete Software zuzugreifen. Bislang trauen sich viele Unternehmen an diesen Schritt nicht heran – warum eigentlich? Und haben sie Recht?

Zentrale Schnittstelle, Steuerungseinheit, Datenspeicher – die ERP-Software ist in der Regel das Nervensystem eines jeden Unternehmens. Hier läuft alles zusammen – und von hier gehen Nervenbahnen in sämtliche Unternehmensbereiche. Kein Wunder, dass die meisten Unternehmen dabei auf Bewährtes setzen und Sicherheitsaspekte in den Vordergrund stellen. Schließlich mag sich niemand vorstellen, was passiert, wenn das Nervensystem plötzlich nicht mehr will.

Never change a running system?

Nach dem Motto: Warum ändern, was funktioniert, bleiben viele Unternehmen deshalb bei den ERP-Szenarien, die sie kennen. Und während sie etwa in Sachen Kommunikation oder Kundenmanagement gerne mal alte Zöpfe abschneiden und zum Beispiel auf moderne Cloud-Lösungen setzen, sind sie beim Thema ERP eher konservativ.

Ist das ausschließlich auf die Angst vor dem Neuen zurückzuführen? Sicher nicht. Bei unseren Kunden stellen wir häufig fest, dass sie durchaus gut überlegte Gründe gegen einen Umzug in die Cloud anführen.

Schnittstellen über Schnittstellen

Einen der Hauptgründe haben wir oben schon genannt: Die Schnittstellenfunktion des ERP-Systems bedeutet, dass zahlreiche andere Systeme damit verknüpft werden müssen, und die sind häufig lokal organisiert: Produktionssteuerung (MES) und Lagerverwaltung, Laborsoftware oder Control-of-Work-Lösungen beispielsweise. Lokale Systeme mit Cloud-Lösungen zu verknüpfen ist nicht immer trivial, und je mehr Schnittstellen berücksichtigt werden müssen, desto höher ist natürlich auch der Aufwand bei einem Umzug.

Mehr Abhängigkeit

Bei manchen Kunden sehen die Kontra-Argumente aber noch viel elementarer aus: Denn wer seine unternehmenskritischen Daten und Prozesse in die Cloud verlagert, macht sich natürlich in vielerlei Hinsicht abhängig. Steht ein Inhouse-ERP-System einmal, kann man es eigenverantwortlich und eigenständig nutzen. Liegt alles in der Cloud, muss man sich jeden Tag, jede Stunde, jede Minute auf den ERP-Anbieter verlassen können. Und nicht nur auf den: Was, wenn plötzlich die Internetverbindung nicht mehr will? Keine Mails mehr schreiben zu können, ist eine Sache – wenn alle unternehmenskritischen Prozesse auf das Internet angewiesen sind, kommt dem Provider eine ganz andere Verantwortung zu.

Und selbst wenn alles läuft: Gerade bei ländlichen Standorten ist häufig ganz einfach nicht genug Bandbreite verfügbar, um komplexe Prozesse ständig und immer über das Netz laufen zu lassen.

Sicher ist sicher

Natürlich machen auch unsere Kunden sich Gedanken über die Sicherheit ihrer Daten in der Cloud. Dass gerade kritische Daten dort häufig sicherer sind als auf dem Server im eigenen Keller, haben wir in einem unserer letzten Blog-Artikel über Cloud und Datensicherheit bereits beleuchtet – wer sich mit dem Thema ausführlicher befasst, stellt schnell fest, dass Sicherheit auch ein Argument FÜR die Cloud sein kann. Dennoch sind die Themen Datenverlust und Datendiebstahl natürlich wichtige Faktoren, die vor allem bei der Auswahl des Anbieters eine große Rolle spielen sollte.

Womit wir auch schon bei den Pro-Argumenten wären, denn es gibt neben den genannten Bedenken, die bei einer strategischen Entscheidung natürlich berücksichtigt werden müssen, auch jede Menge Argumente für die Cloud.

Weniger investieren

Wer schon einmal ein komplexes Unternehmen mit einer ERP-Lösung versorgt hat, weiß, wie viel Arbeit dahinter steckt. Und welche Kosten. Ein SAP-Server etwa lässt sich nicht mal eben auf einem kleinen Rechner im Abstellraum installieren – für den Aufbau eines Inhouse-ERP-Systems fallen nicht nur Software-Lizenzen, sondern auch teure Hardware-Investitionen an. Redundante, ausfallsichere Systeme sind Voraussetzung – und die lassen sich nicht mal eben so aus dem Ärmel schütteln.

Aber nicht nur beim Aufbau kostet eine Inhouse-Lösung, auch Betrieb, Instandhaltung und Updates sind meist aufwendiger und kostenintensiver als man im ersten Moment meinen würde. Vor allem auch in Sachen Know-how: Ohne die mit dem richtigen Wissen und der dazugehörigen Erfahrung ausgestatteten Mitarbeiter lässt sich eine komplexe Systemlandschaft im eigenen Haus weder ans Laufen bringen noch am Laufen halten.

In finanzieller Hinsicht hat die Alternative aus der Cloud deshalb starke Trümpfe auf der Hand. Denn mit transparenten Kostenmodellen und überschaubaren Investitionen ist sie rein finanziell betrachtet der Inhouse-Lösung meilenweit überlegen. Natürlich kostet auch die Nutzung einer Cloud-Software – meist eine von der Unternehmensgröße oder der Transaktionsanzahl abhängige monatliche Pauschale. Dafür kümmert sich aber der ERP-Anbieter dann auch um alles – um Wartung, Aktualisierung und nicht zuletzt auch Datensicherung. Das ist zum einen gut planbar und zum anderen meist günstiger, als all diese Aspekte im eigenen Unternehmen selber abzubilden. Nicht zuletzt auch deshalb, weil keine Kosten mehr für ungenutzte Ressourcen verpuffen und schwankende Anforderungen an Speicher- und Rechenkapazitäten sich deutlich flexibler skalieren lassen.

Dezentrale Systeme

Die Abhängigkeit vom Internet lässt sich für Cloud-Lösungen nicht von der Hand weisen. Für Unternehmen mit mehreren Standorten ist sie aber häufig ohnehin schon da, denn die verschiedenen Niederlassungen oder Produktionsstätten müssen ja miteinander verknüpft werden. Für solche Strukturen haben Cloud-Lösungen einen deutlichen Vorteil, denn ihre Architektur ist ohnehin schon darauf ausgerichtet, dass man von überall darauf zugreifen kann. Ob von externen Standorten, vom Außendienst unterwegs oder vom Home-Arbeitsplatz aus – ein ausgefeiltes User Management und gut gesicherte Zugänge sind für Software aus der Cloud selbstverständlich.

Externe Schnittstellen

Der gleiche Vorteil macht sich auch bemerkbar, wenn es um externe Schnittstellen geht. Schließlich steht das eigene Unternehmen ja nicht isoliert vom Rest der Welt da – meist müssen auch diverse externe Partner mit den eigenen Systemen verbunden werden, etwa Logistikdienstleister, Lieferanten oder Kunden. Dafür werden immer häufiger standardisierte EDI-Schnittstellen benötigt, die gerade für KMUs häufig nur als Cloud-Lösung kosteneffizient umsetzbar sind. Wer hier für sich bereits die Vorteile der Cloud erkannt hat, für den ist es nur schlüssig, auch die ERP-Architektur in ein cloud-basiertes Datennetzwerk zu integrieren.

Zeit für den Frühjahrsputz

Und wo draußen gerade schon die Osterglocken blühen: Ein Umstieg auf eine moderne Cloud-Lösung ist immer auch immer eine gute Gelegenheit zum Aufräumen und Entstauben. Wie wichtig es ist, die Systemlandschaft eines Unternehmens von Zeit zu Zeit zu rationalisieren, nicht mehr benötigte Programme, Prozesse und Daten zu löschen und andere zusammenzulegen oder zu bereinigen, haben auch viele unserer Kunden verstanden. Einen konkreten Anlass dafür zu haben, diesen häufig überfälligen Schritt auch tatsächlich anzugehen, kann von Vorteil sein und die nötigen internen Schritte durchaus beschleunigen.

Ob mit oder ohne Cloud

Egal, welche Argumente für Sie die entscheidenden sind – wir unterstützen Sie gerne. Beim Herausfinden, welche ERP-Lösung für Ihr Unternehmen die richtige ist, beim Evaluieren und Implementieren und natürlich auch bei Pflege, Betrieb und Aktualisierung des gewählten Systems und Ihrer Schnittstellen. Ob via Cloud hoch in den Wolken oder ganz bodenständig.



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